Festgottesdienst zum 450. Jubiläum des Grauen Klosters im Berliner Dom am 13. Juli 2024

Zum 450. Jubiläum des Gymnasiums zum Grauen Kloster richtete die Schulgemeinschaft am 13. Juli 2024 einen Festgottesdienst mit einer Predigt von Bischof Dr. Christian Stäblein im Berliner Dom aus. Der Gottesdienst stellte eindrucksvoll unter Beweis, wie lebendig die humanistisch und protestantisch geprägte Bildungstradition des Grauen Klosters bis heute am Gymnasium der Evangelischen Schulstiftung gepflegt wird, das in diesem Jahr zugleich sein 75-jähriges Bestehen feiert. In von der Schulpfarrerin und evangelischen Religionslehrerin Susanne Dannenmann arrangierten Szenen erweckten Schüler:innen verschiedener Jahrgangsstufen prominente ,Gründungsmenschen‘ des Grauen Klosters zum Leben. Auch die Schulleiterin Dr. Annette Martinez Moreno spielte bei dieser Performance eine aktive Rolle. Der letzte, 1571 verstorbene Repräsentant der Franziskaner im Kloster, deren graues Ordensgewand der altehrwürdigen Institution bis heute ihren Namen verleiht, kam dabei ebenso zu Wort wie der Kurfürst Johann Georg, unter dessen Regentschaft die Schule am 13. Juli 1574 feierlich eröffnet wurde, als auch Philipp Melanchthon, dessen von Humanismus und Reformation geprägtes Bildungsprogramm die erste Schulordnung von 1576 bestimmte und dessen Geist bis heute im Unterricht der ,gelehrten‘ Sprachen Altgriechisch, Latein und Hebräisch sowie dem evangelischen Religionsunterricht am Gymnasium fortlebt. In einem imaginären ,Klassentreffen‘ kamen darüber hinaus ehemalige Schüler und Lehrer aus verschiedenen Epochen zusammen: Darunter herausragende Gelehrte wie der Theologe Friedrich D.E. Schleiermacher, der aus der Bibelexegese die Grundzüge einer modernen Hermeneutik entwickelte und 1810 federführend an der Gründung der Berliner Universität beteiligt war, aber auch akademische Aussteiger und Autodidakten wie Sigismund Streit, der die Schule 1701 verließ, um in Venedig erfolgreich Karriere als Kaufmann und Kunstsammler zu machen (siehe dazu die aktuelle, von Susanne Knackmuß kuratierte Ausstellung „Vom Canal Grande an die Spree“ in der Berliner Gemäldegalerie).

Mit Johann Crüger, dessen geistliche Lieder in den Kanon der protestantischen Kirchenmusik eingegangen sind, wurde an einen weiteren besonders prominenten Schüler und langjährigen Lehrer des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster erinnert (ebendort Musiklehrer von 1622 bis zu seinem Tod 1662). Dass dessen Kompositionen nun vom Schulorchester unter der Leitung von Annika Thürigen und ihrer Kolleg:innen aus dem Fachbereich Musik im Berliner Dom aufgeführt wurden, begleitet von einem Chorensemble aus aktuellen und ehemaligen Lehrer:innen und Schüler:innen, die Paul Gerhardts bekanntes Kirchenlied „Auf, auf mein Herz mit Freuden“ sangen, verdeutlichte programmatisch das Fortwirken des ,Klostergeists‘ in der lebendigen Musikkultur der Schule, die sich dank des Engagements der Musiklehrerin Sabine Heppner und ihrer Kolleg:innen insbesondere auch durch die produktive Anverwandlung von modernen Elementen aus Pop, Jazz, Rap und Gospel auszeichnet. Ganz in diesem Sinne betonte der Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Schulstiftung in der EKBO, Frank Olie, in seinem Grußwort, dass sich das Evangelische Gymnasium zum Grauen Kloster in der Moderne immer wieder neu erfinden müsse – auch und gerade an seinem heutigen, seit 1954 bestehenden Standort in Berlin-Schmargendorf, der zuletzt durch neue IT und hochmoderne Fachräume für Physik, Chemie und Bio ausgestattet wurde. Als eine Schule in freier Trägerschaft, die ihre besondere gelehrte Tradition pflegt und sich zugleich für die digitale Zukunft öffnet, wird das Evangelische Gymnasium zum Grauen Kloster, dieser Hoffnung verlieh auch die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch in ihrer Rede Ausdruck, die Berliner Schullandschaft noch viele Jahre und Jahrzehnte bereichern. Selbstbewusst und unabhängig davon, ob und in welcher Form die von Dr. Georg Dybe, dem Vorsitzenden der Vereinigung Ehemaliger Klosteraner, skizzierten Zukunftspläne zur Errichtung einer Schule am historischen Standort des Grauen Klosters in Berlin-Mitte realisiert werden können. Und auch der widerständigen, allen Anfechtungen zum Trotz zuversichtlichen Verse Dietrich Bonhoeffers eingedenk, die in den Schulgottesdiensten in der Kreuzkirche regelmäßig gesungen werden: „Von guten Mächten wunderbar geborgen / erwarten wir getrost, was kommen mag.“

Bilder: Frank Wölffing (Evangelische Schulstiftung in der EKBO)

Text: Dr. Kaspar Renner

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